Finsterbusch, Ludwig

Ludwig Finsterbusch an Ernst Haeckel, Mülheim an der Ruhr, 11. Dezember 1891

Mülheim a/d Ruhr, den 11. Dec. 1891.

Mein lieber Freund!

Unendlich bedaure ich, daß weder meine Frau noch ich im stande bin, der verlockenden Einladung zu folgen. Wer legt denn aber auch in aller Welt eine grüne Hochzeit in den Monat December. Dazu eignet sich doch der Monat Mai unendlich besser. Du siehst, ich kann selbst in feierlichen Momenten den Geist des Widerspruchs nicht bannen. Warum wir nicht können? Ich habe vorigen Sommer an einem heftigen Rheumatismus gelitten, der mich fast verzagen ließ. Glücklicherweise bin ich ihn losgeworden, bin aber || ganz fabelhaft auf meiner Hut, ihn nicht wieder zu bekommen. Genug ich muß mich sogar vor einer so liebenswürdigen Extravaganz, wie ein Polterabend oder eine solenne Hochzeit es ist, in acht nehmen.

Und meine Frau? ja, die kann doch nicht ohne ihren Mann reisen? Das thut die meinige wenigstens nicht. Ja mit mir würde sie bis zu den Faroer-Inseln im Ruderboote reisen; aber ohne mich kommt sie sich wie eine halbe Nußschale vor.

Also mache Deiner lieben Frau Gemahlin die herzlichste Empfehlung von unserer Seite, aber sie möchte entschuldigen, daß wir beide wenigstens nicht leiblich dem Losreißungs-|| feste der Tochter von der angestammten Familie beiwohnen könnten; umso mehr werden wir geistig uns zur gegebenen Zeit in den schwarzen Bär und in die Stadtkirche versetzen.

Mit den herzlichsten Grüßen an Dich und Deine Familie, also auch an Deine liebe Tochter und Schwiegersohn

in alter Liebe

Dein Finsterbusch

mit Frau.

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
11.12.1891
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 2346
ID
2346