Rautenfeld, Paul von

Paul von Rautenfeld an Ernst Haeckel, Zürich, 19. März 1915

Zürich, den 19ten März 1915.

Hochgeehrter Herr Professor!

Ich statte Ihnen meinen herzlichsten Dank ab für Ihren so liebenswürdigen, mich aber sehr traurig stimmenden Brief vom 11ten dieses Monats und für die demselben beigefügten Empfehlungskarten an Ihre Freunde in Sumatra. Ich werde mit großem Interesse die Orte auf der schönen Insel besuchen, auf welche Sie mich aufmerksam machen und auch dem deutschen Konsular Schild in Padang Ihren Gruß überbringen. Es tut mir nur || leid nicht auch den Ingenieur Delprat und Familie kennen lernen zu können.

Eine sehr wichtige Vermögensangelegenheit, die ich bis zum nächsten Monat unmöglich erledigen kann, veranlaßte mich vor etwa zehn Tagen nach Peking zu telegraphieren und zu bitten, daß mein bis zum Herbst bewilligter Heimatsurlaub nicht verkürzt würde. Da es mir nun gelungen ist dieses durchzusetzen, so werde ich nicht nur meine zoologischen Studien im ganzen nächsten Semester noch fortsetzen, sondern auch Sumatra im September dieses Jahres mit sehr viel mehr Muße bereisen können.

Da meine Gesundheit auch manches || zu wünschen übrig läßt, beabsichtige ich, falls irgend möglich, recht bald den chinesischen Seezolldienst aufzugeben und mich darauf bleibend in Jena niederzulassen, zuversichtlich hoffend, daß ich Sie, hochverehrter Herr Professor und Ihre Frau Gemahlin dann wiedersehen werde. Mein alter Vater, obgleich bis zu guter Letzt geistig vollkommen klar, war physisch mit 81 Jahren doch sehr viel weniger rüstig als Sie und doch hatte er das 86te Lebensjahr erreicht. Die „Sonne Jenas“ wird fortfahren zu leuchten und diese „schlechteste aller Welten“ zu neuem schönen Leben erwärmen.

Meine bescheidenen Bemühungen Ihnen, hochverehrter Herr Professor, Freude || zu bereiten, deren Sie so nachsichtig in Ihrem Briefe gedenken, erscheinen mir nichtig, wenn ich erwäge wie unendlich viel ich Ihnen verdanke, der Sie durch Ihr Wirken und Ihre liebevolle Freundschaft meinem Leben erst den wahren geistigen Gehalt verliehen haben.

Mit meinen herzlichsten Grüßen und besten Wünschen für Ihre und Ihrer Frau Gemahlin Gesundheit verbleibe ich in aufrichtigster Verehrung und Dankbarkeit

Ihr ganz ergebener

P. v. Rautenfeld

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
19.03.1915
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 22260
ID
22260