Ernst Reimer an Ernst Haeckel, Berlin, 8. Januar 1872
Georg Reimer.
Berlin.
Anhaltische Strasse 12.
Berlin 8/1. 72
Lieber Ernst
Sobald es Dir paßt, kannst Du Frommann in unserem Namen den Druck der 4ten Auflage Deiner Schöpfungsgeschichte anfangen lassen, ich muß aber bemerken, daß das dafür bestimmte Papier erst in 4 Wochen geliefert werden kann, wonach sich Frommann zu richten haben würde wenn Du etwa jetzt gleich schon anfangen lassen könntest.
Wir hatten gemeint, dies mal die Auflage um 2 Drittel d. i. von 1500 auf 2500 und dem entsprechend auch das Honorar um 2 Drittel also von 600 auf 1000 Thlr zu erhöhen, willst Du aber doch lieber nur 2000 Ex. drucken lassen, so soll das uns auch recht sein, obschon wir glauben, daß bei der || jetzigen Beliebtheit Deines Buches sich 2000 Exempl. voraussichtlich in fast derselben Zeit absetzen lassen wie 2500.
Dein Plan aber, einen 2ten Theil zur 5ten Auflage Deiner Schöpfungsgeschichte zu schreiben will uns nicht recht in den Sinn, weil wir, ich glaube mit gutem Recht befürchten, daß dadurch der Absatzfähigkeit des Buches geschadet wird, denn das große Publikum zieht, ganz abgesehen von dem Preise, ein 1bändiges Werk allemal dem 2 oder mehrbändigen vor, und wir möchten Dir rathen Deine neue Arbeit als ein ganz selbstständiges neues Buch herauszugeben oder die jetzige Schöpfungsgeschichte soweit zu beschneiden daß mit Hinzunahme von 6–10 Bogen mehr || Deine neue Arbeit darina unterzubringen wäre.
Mit Gretchens Augen geht es leider immer noch nicht gut, die äußere Entzündung ist gewichen, dafür aber ist jetzt das linke Auge selbst krankgeworden, es hat sich ein Bläschen auf der Pupille ausgebildet, wir lassen das liebe Kindchen auf Körte’s Anrathen jetzt von dem Augenarzt Dr. Brecht behandeln, müssen Atropin verwenden, womöglich Tag und Nacht Kamillen Umschläge machen und kommen dabei, wie Du Dir denken kannst, kaum zur Ruhe und dabei habe ich so viel zu thun daß ich nicht weiß, was zu erst zu beginnen, doch das ist Nebensache, wenn nur mein Frauchen die Kräfte behält und sich ferner so tapfer halten kann || wie bisher.
Mit herzlichem Gruß an Euch Alle
Dein treuer E. Reimer
Marie läßt Agnes danken für den lieben Brief den sie bald zu beantworten hofft.
a eingef.: darin