Paul Rottenburg an Ernst Haeckel, Glasgow, 29. Dezember 1910
Holmhurst,
Dowanhill Gardens,
Glasgow
29 December | 1910
Liebster Freund!
1910 darf noch nicht zu Ende gehen ohne Dir nochmals bestens zu danken für deinen lieben Brief vom 13ten Dieses. und Dir Schwester Röschen und deinen Kindern und Kindeskindern alles Gute für das kommende Jahr zu wünschen. – Hoffentlich sehen wir uns 1911 wieder. Das große Hans Meyer’sche Buch mit Atlas kann ich || leider nicht finden und recherchiere deshalb bei Reimer laße Dich seiner Zeit Bescheid wißen. –
Deinen Geschmack bez. des Harris Tweeds teile ich vollkommen – fahnde deßhalb auf hübschere Stücke, höre aber leider soeben das meine Lieferanten plötzlich gestorben ist. [!] –
Unsere arme Jüngste kann leider über ihr schweres Herzeleid nicht hinweg kommen und wie es scheint nirgends Ruhe und Zufriedenheit finden; sie ging mit einer Freundin nach Bordighera || dann urplötzlich nach dem herrlichen Taormina und heute telegraphirt sie mir ihr nach Innsbruck zu schreiben. Das geht meiner Frau sehr nahe. – Ich empfahl harte angestrengte Arbeit aber dazu war sie leider körperlich zu sehr herunter –
Ich beabsichtige in circa 4-5 Wochen noch einmal geschäftlich nach Russland zu gehen und zwar mit einem jungen Englischen Fabrikanten. – Vielleicht ist eine Chance Dich bei der Gelegenheit in Berlin || zu sehen. –
Ueblicher Caviar und Cherrybrandy sind Dir hoffentlich richtig zugegangen und Ihr habt ein frohes Fest verleben koennen. –
Mit nochmaligem Glückauf zu 1911 und herzlichen Grüßen von Haus zu Haus
Stets Dein
Paul Rottenburg
Die Literatur über Deinen Austritt aus der Kirche hat mich sehr interessirt. –
P.R. –