Wilhelm Olbers Focke an Ernst Haeckel, Bremen, 15. Februar 1908
Stein. Kreuz 5, Bremen
15. Febr. 08.
Lieber alter Freund!
Der Kreis der Altersgenossen und Jugendfreunde lichtet sich jetzt um uns; auch ohne unmittelbare Anlässe denkt man mehr an Diejenigen, die den ganzen Lebensweg mit uns zurückgelegt haben. Für den Rest unserer Tage bedürfen wir noch ein höheres Maß von Bevorzugung durch das Glück, wenn wir nicht Zeiten durchleben sollen, die uns nicht gefallen. So möchte ich Dir zum Antritt || Deines neuen Lebensjahres meine wärmsten Glückwünsche schicken; mögen die Schwächen des Alters, die ja nicht zu vermeiden sind, sich möglichst wenig fühlbar machen! Wenn man den Blick dem vielen Guten, was das Leben noch bietet, zuwendet, wird man, denke ich, wohl die Kraft finden, auch das Böse zu ertragen, selbst wenn man schließlich nur noch auf das, was die frühere Zeit geboten hat, zurückblickt. Freund Dreier ist jetzt auch ans Krankenlager gefesselt und wird || schwerlich wieder in leidlicher Gesundheit mit uns verkehren können.
Es war für Krabbe und mich sehr bedauerlich, daß unser schöner Traum eines Wiedersehens mit Dir nicht in Erfüllung gehen konnte.
Mit den herzlichsten Grüßen
für Dich und die Deinigen
Dein W. O. Focke.