Weismann, August

August Weismann an Ernst Haeckel, Freiburg, 11. Januar 1878

Freiburg i. Br. | 11 Jan. 1878

Lieber Freund!

Herzlichen Dank für Ihre freundlichen Zeilen u. guten Wünsche! Heute wende ich mich an Sie, um, wenn möglich, von Ihnen Klarheit über eine Angelegenheit zu erhalten, die möglicherweise meine Interessen berührt. Ich meine die Besetzung des Heidelberger Lehrstuhls. Nicht etwa, daß ich mir irgend welche Hoffnung auf denselben machte; ich weiß im Gegentheil, daß die Regierung nur schwer – wenn überhaupt – dazu zu bringen wäre, wieder eine Berufung von Freiburg nach Heidelberg zu unternehmen, nachdem sie mit der letzten a (Czerny) so großen Anstoß erregt hat.

Ich möchte vielmehr nur wissen, ob man Sie für || Heidelberg im Auge hat.

Sollte dies der Fall sein, so würde ich bitten, es mir mitzutheilen, natürlich sub sigillo, u. zwar deshalb, weil ich dann eine andere u. inhaltsschwerere Bitte an Sie zu stellen hätte, von der ich glaube, daß Sie mir sie nicht abschlagen würden.

Bisher habe ich gar Nichts über die Sache gehört. Sollten Sie nach Heidelberg gehen, so würde mich das natürlich sehr freuen, da ich dann hoffen würde, in näheren persönlichen Verkehr mit Ihnen zu treten, sollte aber die dortige philos. Fakultät nicht an Sie denken, so wüßte ich wahrlich nicht, wen sie nehmen wollten. Am Ende wäre es nicht gradezu unmöglich, daß die Regierung nach dem Sparprincip verführe u. die Thorheit beginge, den eben zum Extraord. ernannten Kossmann auf den Lehrstuhl zu setzen! Wenn man dann || doch zu den Jüngeren greifen will, so wären wahrlich bessere zu finden!

Ich bitte natürlich, diesen Brief als vertraulich zu betrachten!

Mit herzlichem Gruß

Ihr

aufrichtig ergebner

August Weismann

a gestr.: s

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
11.01.1878
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 16462
ID
16462