Carl Theodor Ernst von Siebold an Ernst Haeckel, München, 3. Juli 1870
München den 3t Juli
1870.
Verehrtester Herr College!
Sie haben mich in der letzten Zeit mit mehreren interessanten Separatabdrücken erfreut, daß ich mich in Verlegenheit fühle, Ihnen keine Aequivalente dagegen bieten zu können. Um Ihnen aber meine Freude und Hochschätzung über Ihre wissenschaftlichen Leistungen an den Tag zu legen, theile ich Ihnen im Vertrauen mit, daß ich Sie bei der letzten Wahlsitzung der physikalisch mathematischen Classe unserer Akademie zum Mitglied vorgeschlagen und die Genugthuung erhalten habe, daß mein Vorschlag einstimmig angenommen wurde. Es muß nun noch die Bestättigung von unserem Könige abgewartet werden, welche natürlich nicht ausbleiben wird. Aus letzterem Grunde dürfen aber unsere Wahlen nicht vorher bekannt gemacht werden, daher bitte ich Sie, diese Mittheilung bis jetzt als eine rein vertrauliche hinzunehmen; ich denke, Mitte August wird die Verkündung der neuen Wahlen in einer Festsitzung statt finden. Wir freuen uns übrigens jetzt schon, daß wir Sie als einen Angehörigen unserer Akademie werden betrachten dürfen.
Ihre Bathybius-Abhandlung hat mich außerordentlich interessirt, ebenso las ich mit vielem Vergnügen Ihre Rede über die Aufgabe der Zoologie, sie ist mir aus der Seele gesprochen.
Mit freundlichsten Grüßen
Ihr ergebener
v. Siebold