Rudolf Severinus an Ernst Haeckel, Hermannstadt, 21. Januar 1866
Hermannstadt 21/1 1866.
Verehrter Herr!
Wenn ich mir die Freiheit nehme, eine kurze Bekanntschaft dazu zu benützen, Sie mit nachfolgender Bitte zu belästigen, so geschieht dies nur im Glauben, daß diese Belästigung ja nicht groß sein wird, und daß Sie theilweise selbst zu dieser Bitte Anlaß gegeben. Sie weckten nämlich, als ich noch in Jena zu studiren das Glück hatte, in mir ein Interesse an einer Frage, das || später in den Hintergrund getreten, jüngst bei einem neuen Anlaße wieder erwachte. Ich meine nicht das Interesse an der Naturwissenschaft im Allgemeinen, denn das brachte ich von Hause auf die Universität und das ist auch vielleicht nicht zum Vortheile meiner theologischen Studien immer stark im Vordergunde gebliebena. Ich meine das Interesse am einer Spezialfrage, an der vo Ihnen so oft betonten Frage über die Trennung oder Vereinigung der Amphibien und Reptilien. In Deutschland mag die Trennung b längst vollzogen sein, hier aber werden diese beide Grup-||pen noch von sämtlichen Schulbüchern vereinigt. Und als ich jüngst dagegen c freilich mit d in der Naturwissenschaft sehr wenig bewanderten Gegnern (Collegen) stritt, wollten meine Gründe nicht so wirken wie ich geglaubt hatte. Nun wollte ich den Herrn Professor fragen, ob nicht vielleicht in der letzteren Zeit diese Frage ausführlicher behandelt worden ist, von wem und in welchem Werke. In der Hoffnung, Sie würden mich durch Erfüllung meiner Bitte vergewissern, daß ich nicht ungelegen gekommen zeichnet sich ||
Ihr Ergebenster
Rudolf Severinus
Cand. Theol.
NB: Hermannstadt. Salzgasse Nro. 586.
a korr. aus: geglieden; b gestr.: d; c gestr.: str; d gestr.: meinen;