Strasburger, Eduard

Eduard Strasburger an Ernst Haeckel, Bonn 21. November 1901

Bonn d. 21. Nov. 1901

Mein lieber Freund!

Durch Deine freundlichen Sendungen wurde ich von Zeit zu Zeit an die guten Tage von Jena erinnert, da wir noch beide jung waren. Da ist denn Manches seitdem anders geworden und was wir Beide, Du vor Allem, an Ansehen gewonnen, das mussten wir mit einem gut Theil unseres Le-||bensglückes und unserer Lebensfreude zahlen. Trotzdem man Dich oft als argen Materialisten verschrien hat, bist Du doch der grösste Idealist gewesen den ich jemals kannte. Dieses und die Phantasie hilft Dir wohl auch über manchen schweren Augenblick hinweg. So sehr a die Phantasie von geistlosen Menschen verpönt wird, sie ist doch die schöpferische Kraft auch in der || Wissenschaft und sie ist es die vermag, uns über die Wolken zu erheben wo wir auch an trüben Tagen den blauen Himmel schauen. Ich las Deine indischen Briefe schon in den Sonderabdrücken die ich Deiner Güte verdanke, ich las sie im September an Tagen wo es unaufhörlich goss und vergass darüber manchmal den Regen. || Jetzt habe ich zunächst die Bilder mir angesehen und mit Freude dabei festgestellt dass die künstlerische Schaffensfreude ungeschwächt in Dir noch fortlebt.

Dass bei uns nicht Alles nach Wunsch geht hast Du neulich von meinem Sohn erfahren, doch hoffe ich noch immer Besseres für die Zunkunft.

Mit herzlichem Grus und vielem Dank

In alter Freundschaft

Dein

E. Strasburger

a gestr.: auch

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
21.11.1901
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 12763
ID
12763