Zalisz, Fritz J.

Joseph Fritz Zalisz an Ernst Haeckel, Leipzig, 12. Oktober 1913

Leipzig, den 12. Okt. 1913.

Sehr geehrter Herr Professor!

Den 17. Okt. dieses Jahres beschließe ich einen bedeutungsreichen Teil meines Lebens und es ist mir da eine ganz besondere Genugtuung die Arbeit fertig bekommen zu haben mit welcher ich einen Strich unter diese Lebensperiode zu machen gedenke.

„An die Gottheit“

habe ich diese Arbeit benannt und versuche damit dem Holze (das) die heiligsten meiner

Gefühle einzuverleiben.

Dieses Blatt ist aus meinen Sympathien zur Nacht entstanden und versuchte ich damit folgendes auszudrücken:

Wir Menschen sind gewöhnt alles „unerklärliche“, rätselhafte in das Reich des Übernatürlichen, des göttlichen zu versetzen, eine Erscheinung der „Denkfaulheit“ unserer Urahnen, oder auch der Unterdrückung der Denkfreiheit vergangener Jahrhunderte. –

Wenn wir Monisten auch in dieser Hinsicht unseren „Urahnen“ überlegen sind, so wollen wir uns doch || wohl nicht den erhabenen Eindrücken eines Sternenhimmels entziehen (ich für meinen Teil kenne nichts herrlicha, poetischeres als gerade diese Sternenwelt und hätte ich meinen Gefühlen freien Lauf lassen dürfen, ich hätte nur Himmel, Wasser und Erde darzustellen versucht, ohne jede Zutaten. Aber unsere Zeit ist mehr als als je von dem Geschmacke des Alltags abhängig.)

So versuchte ich denn mit diesem Blatte eine „Brücke“ zu schlagen zwischen alter und

„neuer Religion“. – – –

So will ich denn mit der „Beichte über meine religiösen Empfindungen“ schließen und verbleibe, in der Hoffnung Ihnen eine kleine Freude bereitet zu haben, in aller Hochachtung

Ihr ergebener

J. Fritz Zalisz.

a korr. aus: herrlicheres

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
12.10.1913
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 12582
ID
12582