Hermann von Ihering an Ernst Haeckel, Sao Paulo, 10. Mai 1906
MUSEU PAULISTA
DIRECTOR DR. H. VON IHERING
SÃO PAULO, 10 DE Mai DE 1906
(BRAZIL)
Sehr geehrter Herr College!
Schon wieder habe ich Ihnen zu danken für die gütige Zusendung eines neuen, hochinteressanten Werkes der Wanderbilder aus Indien. Da ich seiner Zeit Ihre Reisebriefe aufmerksam gelesen, so ist mir die so prächtig ausgestattete Illustration sehr willkommen. Besonders hat es mich angezogen den Unterschieden der Vegetation zwischen jenem Tropengebiete und dem unsrigen nachzuspüren. || Leider sehe ich aus den Zeitungen, dass Ihre Gesundheit angegriffen ist und hoffe ich, dass Sie jetzt wieder hergestellt sind.
Ich habe dieses Jahr Studien und Experimente über die Ameisen-führenden Cecropien zum Abschluss gebracht, welche das arg überschätzte Verhältniss der Aztecas zu ihrer Wirtspflanze klarlegen. Dieselbe kann ohne die Ameisen ebensogut bestehen, wie ein Hund ohne Flöhe. Schimper’s Darstellung des Ameisenschutzes liest sich ganz angenehm, aber die Beobachtungsgrund-||lage ist dürftig und grossentheils unrichtig.
Dass Schwabe im vorigen Jahre starb, werden Sie wissen. Goeldi hat einen ziemlich abgeschmackten Streit mit mir begonnen, betreffs der Fasern eines Vogelnestes. Die wirkliche Ursache scheint nur Rivalität zu sein. Wir sind wohl in Bezug auf die Art des Arbeitens und Publicierens zu verschiedenartig veranlagt, um richtig miteinander harmonieren zu können.
Sie haben jetzt einen eifrigen Schüler und Verehrer Ihrer Werke in der Person meines Sohnes und Assistenten Rudolf.
Mit herzlichen Grüssen
Ihr ergebener
Hermann von Ihering