Kindt, Georg Christian

Georg Christian Kindt an Ernst Haeckel, Bremen, 28. Dezember 1864

Hochverehrter Herr Professor

Wenn es nicht Grüße wären, welche zwei Bekannte: Herr Doctor Wilhelm Olbers Focke und Herr Director Lüben Ihnen zu sagen mir erlaubten, so würde ich es nicht gewagt haben Sie für ein paar Augenblicke um Gehör zu bitten.

In Ihrem entzückend schönen Werke über die Radiolarien, bei dessen Ansicht ich wirklich nicht wußte, ob ich mich mehr um der Schönheit der Formen freuen sollte, oder die Schöpfung derselben bewundern und den Mann, der im Stande war auch anderen Menschen dieselben so vor die Augen zu führen, sprechen Sie den Wunsch aus, man möchte Ihnen gelegentlich Zusendungen machen, die in dieses Wunderreich gehörten.

Wenn ich nun auch sehr zweifelhaft bin, ob dies mit der Kleinigkeit der Fall ist, die ich hiebei Ihnen zu überreichen mir erlaube, so haben Sie doch wohl die Güte || sie einmal anzusehen. Wäre es nicht unbescheiden, so möchte Sie ersuchen mich darüber zu belehren wofür Sie das Ding halten.

In dem interessanten Werkchen von Herrn Bergrath Bischof über das Steinsalzlager in Stassfurt hat derselbe Abbildungen von Eisenglimmer gegeben. Wie ich nun, um diese zu sehen, ein Stück Carnallit in Wasser legte, bemerkte ich, daß die untertauchenden Luftblasen kleine Faeden in die Höhe rißen und auf dem noch nicht gelösten Theil des Carnallits, auch sich wiegten. Ich sammelte daraus und betrachtete sie mit Hülfe des Mikroskops, nachdem sie gut mit destillirtem Wasser ausgewaschen waren. Ein solches Präparat ist das eine der beiliegenden.

S. 21 des erwähnten Werks sagt Herr Bergrath Bischof es wären Organismen in dem Stassfurter Steinsalz nicht gefunden. Das aber ein Theil dieses Präparats organischen Ursprungs ist leidet keinen Zweifel, da durch Erhitzen auf einem dünnen Deckglase die gelblich-grüne Masse und die dickeren Fäden verkohlen. Bei anhaltendem Glühen verbrennt die kohlige Substanz. Die letzte habe ich mit Behandeln mit || Salpetersäure und Wasser entfernt und es bleiben dann, ausser etwas Anhydrid und Eisenoxyd, die feinen geraden Fäden. Ob diese Kiesel sind, kann ich, bei dem wenigen Material was mir zu Gebote stand, nicht bestimmt sagen.

Ist nun der Gegenstand an sich auch wohl sehr unbedeutend, so wäre es mir doch sehr lieb wenn Sie die Freundlichkeit haben wollten mir sagen zu wollen, ob diese Faeden etwa Spongien sein könnten, oder was sie sein möchten.

Halten Sie den Gegenstand aber gar nicht des Betrachtens werth, so ersuche ich Sie meine Bitte als eine unausgesprochene ansehen zu wollen.

Mit größter Hochachtung

ergebenst

G C Kindt

Altenwall 10 F.

Bremen den 28 December

1864.

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
28.12.1864
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 11099
ID
11099